Hermann Hesse – Der Steppenwolf
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Von Hermann Hesses Der Steppenwolf hatte ich viel Positives gehört. Ein Buch, das das Leben verändern kann, solle es sein, transformative Kraft solle es haben. Und nicht zuletzt war es einer der Gründe, weshalb Hesse 1946 der Nobelpreis verliehen wurde. Anders als viele andere deutschsprachige Klassiker ist das Buch bis heute ein Bestseller, der viele Leser findet.
Grund genug also, es auf meine Liste mit 100 Büchern, die man mal gelesen haben sollte, zu setzten.

Der Steppenwolf spielt Mitte der 1920er Jahre und erzählt die Geschichte Harry Hallers, eines Mannes, der von innerer Zerrissenheit, Orientierungslosigkeit und Unzufriedenheit gezeichnet ist.
Die Ähnlichkeit der Namen Harry Haller und Hermann Hesse ist nicht zufällig, die persönliche Krise Harrys beruht auf einem autobiografischen Hintergrund. Auch Hesse war fertig mit der Welt.

Der Text gliedert sich in drei Teile. Zunächst wird im Vorwort des (fiktiven) Herausgebers berichtet, wie dieser zu Harrys Geschichte kam.
Harry hatte sich für einige Monate bei der Tante des Herausgebers eingemietet, verschwand eines Tages aber spurlos. Hinterlassen hat er ein Manuskript, das sein Leben in den Monaten zuvor erzählt.

Harry ist nirgendwo fest verwurzelt. Er ist ein Intellektueller und wohlhabend genug, um nicht an einen Job gebunden zu sein. Und er ist einsam, denn seine Frau hat in vor Jahren verlassen.
Ziellos streift Harry durch die Stadt und das Leben, genießt ab und an die sogenannte bürgerliche Hochkultur, Musik und Literatur der „Großen“, doch insgesamt ist er unzufrieden und zerrissen.
Durch die Orientierung an diesen „Großen“ empfindet Harry das Alltägliche als profan und belanglos, es wirkt wie eine unvollendete, sinnlose Last, der man nur mit einer traurigen Freudlosigkeit begegnen kann, wenn man ihr Wesen durchschaut. So kommt es, dass Harry sich als Außenseiter fühlt, als Zweifler, der von der Gesellschaft entfremdet ist.

Als Harry eines Abends in der Stadt ein Plakat studiert, das ein „Magisches Theater. Eintritt nur für Verrückte“ anpreist, schenkt ihm ein Mann ein Buch mit dem Titel „Tractat vom Steppenwolf“.

Harry Haller und das Tractat vom Steppenwolf

Es macht den Anschein, als würde dieses kleine Buch Harrys Leben und seelischen Zustand exakt beschreiben. Er findet sich darin eins zu eins wieder.

Das Tractat handelt von einer Person namens Harry – ja, derselbe Harry -dessen Seele zwischen zwei verfeindeten Naturen zerrissen ist: Einer unzufriedenen menschlichen und einer einsamen wölfischen. Mal ist er Wolf, mal ist er Mensch, aber nie beides zugleich. Der Wolf in ihm strebt nach Unabhängigkeit, der Mensch nach Gemeinschaft und Akzeptanz.

Er ging auf zwei Beinen, trug Kleider und war ein Mensch, aber eigentlich war er doch eben ein Steppenwolf. Er hatte vieles von dem gelernt, was Menschen mit gutem Verstande lernen können, und war ein ziemlich kluger Mann. Was er aber nicht gelernt hatte, war dies: mit sich und seinem Leben zufrieden zu sein.

Hermann Hesse – Der Steppenwolf

Die Rastlosigkeit und Unzufriedenheit Harry Hallers mit der Welt, wird mit ihren Ursachen in diesem Tractat zusammengeführt und analysiert.
Und dazu bietet das Tractat einen Ausweg aus all diesen Problemen an: Den Humor. Denn der Humor kann es schaffen, die entgegengesetzten Pole des Wolfs und des Menschen zu vereinen.
Davon abgesehen, besteht die Seele nicht nur aus Mensch und Wolf, sondern aus hunderten, tausenden weiteren Teilen, die alle erforscht und entfaltet werden können. Sich auf Mensch und Wolf zu beschränken, bedeutet, den anderen Teilen und Potentialen Unrecht zu tun.

Die Medizin für den Steppenwolf: Sex, Drugs & Rock ’n Roll

Wenig später lernt er Hermine kennen, die ihm beibringen will, das Leben zu genießen, um seine Leiden zu lindern. Sie lässt ihn an ganz alltäglichen Vergnügungen teilhaben, denn um die Welt in ihrer Banalität zu ertragen, muss Harry den heiligen Ernst verdrängen, mit dem er der Welt begegnet und das Lachen lernen. Es ist notwendig, dass er auch den vielen unterentwickelten Facetten seiner Persönlichkeit Raum gibt, sich zu entfalten.

Dieses Erscheinen der Retterfigur Hermine war es, was mich am Buch stark enttäuscht hat. Wenn du am Boden bist, dann schwebt niemand vom Himmel herab, der dich rettet. Du bist allein und musst es selbst tun. Es ist harte Arbeit, aufzustehen und Verantwortung für die eigene Misere zu übernehmen, sich wieder hochzukämpfen.
Eine (beziehungsweise zwei) Prostituierte erscheinen zu lassen, die Harry mit etwas Sex, Drugs und Tanzmusik wieder aufpäppeln, das war mir persönlich dann doch zu sehr eine romantische Utopie.

Wir zeigen demjenigen, der das Auseinanderfallen seines Ichs erlebt hat, daß er die Stücke jederzeit in beliebiger Ordnung neu zusammenstellen und daß er damit eine unendliche Mannigfaltigkeit des Lebensspiels erzielen kann. Wie der Dichter aus einer Handvoll Figuren ein Drama schafft, so bauen wir aus den Figuren unsres zerlegten Ichs immerzu neue Gruppen

Hermann Hesse – Der Steppenwolf

Der Steppenwolf endet schließlich in jenem mysteriösen Magischen Theater, in dem Harry im Opiumrausch transzendente Erfahrungen macht, die ihm bei seinem Versuch, sich mit der Welt zu versöhnen, helfen. Er begegnet verschiedenen Aspekten seines Ichs und dem, was sein könnte oder hätte sein können.

Ein Buch das verändert?

Auf der Rückseite wird Der Steppenwolf als Buch angepriesen, das verwandelt und „uns Mut mach[t], unser Leben zu ändern“. Sowas verkauft sich natürlich gut, bestätigen kann ich diesen Effekt nicht. Vielleicht war es meine Abneigung gegen die fast Disney-hafte Auflösung, die dazu geführt hat.

Dennoch lohnt es sich, dieses Buch zu lesen. Das Thema der Entfremdung und Sinnsuche hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt und ist, wenn man sich das boomende self-help-Genre ansieht, aktueller denn je. Der Steppenwolf bietet interessante Ansätze und wenn es zur eigenen Denkweise passt, kann ich mir durchaus vorstellen, dass der beworbene Effekt eintritt.
Wer nur wenig Zeit hat (oder keine Lust auf den ganzen Text), der sollte zumindest einen Blick auf das ca. 30 Seiten lange Tractat werfen.

Sie selbst mögen künftig das Spiel Ihres Lebens beliebig weiter gestalten und beleben, verwickeln und bereichern, es liegt in Ihrer Hand.

Hermann Hesse – Der Steppenwolf

Der Autor: Hermann Hesse

Hermann Hesse (1877 – 1962) war ein deutsch-schweizerischer Autor. Seine ersten Schritte als Schriftsteller unternahm er während seiner Buchhändlerlehre. Schon bald konnte er hauptberuflich als Schriftsteller arbeiten. Nach dem ersten Weltkrieg zog er in die Schweiz um, deren Bürgerrecht er 1924 erhielt.

Seine produktivste Periode hatte er in den 20er Jahren. Neben eigenen Werken verfasste er zahlreiche Rezensionen zu anderen Werken. 1946 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Häufige Themen seiner Werke sind indische Weisheitslehren, Spiritualität aber auch stark autobiografische Anteile.

Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):

  • Siddartha
  • Narziß und Goldmund
  • Das Glasperlenspiel

Daten und Links zum Buch

  • Titel: Der Steppenwolf
  • Autor: Hermann Hesse
  • Jahr: 1927
  • Verlag: Suhrkamp
  • Seiten: 278
  • Übersetzer: Name
  • Gewicht: 174 g
  • ISBN: 9783518366752

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