Christian Kracht – Imperium
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How to: Kokosnuss-Marketing im deutschen Kaiserreich

Christian Krachts Imperium hat zu seiner Zeit viel Aufmerksamkeit erregt. Unter anderem hing das mit einem Autor des Spiegel zusammen, der die Ironie im Text nicht erkannt hat und die Idee einer Südsee-Kolonie für zu ernst nahm. Genau dort, nämlich im Pazifik spielt nämlich der Roman. Die durchaus witzige Grundidee lässt einen Sonderling nach Deutsch-Neuguinea reisen, wo der überzeugte Vegetarier und der Gottesfrucht Kokosnuss zu Weltruhm verhelfen möchte. Dennoch fällt das Buch bei mir nur in die Kategorie „ganz nett“.

Inhalt: Der Kokosnuss-Jesus und sein Südsee-Imperium

Wir befinden uns zu Beginn des 20. Jahrhunderts. August Engelhardt, seines Zeichens Deutscher, reist aus dem Kaiserreich in die Kolonie Deutsch-Neuguinea, um sich den Traum einer eigenen Kokosnussplantage zu verwirklichen. Zwar wird ihm während der Reise ein Großteil seines Geldes gestohlen, dennoch kauft die scheinbar wertlose Insel Kabakon und heuert die dortigen Eingeborenen als Arbeiter an. Er schafft sich sein eigenes kleines Imperium.

Engelhardts Motive sind nicht rein kapitalistisch, nein, er hat eine Vision: Er ist überzeugter Vegetarier und Nudist. Genauer genommen ist er sogar mehr als nur das, er ist Kokovore und sieht die Kokosnuss als Gottesfrucht, die in der Lage ist, dem Menschen als einzige Nahrungsquelle zu dienen. Ernähre man sich nur von Kokosnüssen, könne man quasi unsterblich werden, so sein Glaube.

Dennoch wollte er es nicht unversucht lassen; mit einiger Mühe paraphrasierte er den in seiner Schrift befindlichen Grundgedanken, daß der Mensch das tierische Abbild Gottes sei und wiederum die Kokosfrucht, die von allen Pflanzen dem Kopf des Menschen am meisten ähnelte (er verwies auf Form und Haare der Nuß), das pflanzliche Abbild Gottes sei.

Christian Kracht – Imperium

Im Lauf der Jahre bekommt Engelhardt hin und wieder Besuch aus Deutschland. Doch egal ob der scheinbare Glaubensgenosse Aueckens oder der Musiker Lützow, mit seinen Gästen kommt für Engelhardt auch Ärger. Und auch die Sache mit den Kokosnüssen läuft nicht wie geplant. Engelhardt leidet zunehmend an Lepra. Macht die Gottesfrucht doch nicht unsterblich?

Als der Erste Weltkrieg ausbricht, wird unser Einsiedler schließlich von feindlichen Mächten enteignet. Er verschwindet von der Bildfläche, bis er nach dem nun Zweiten Weltkrieg von amerikanischen Soldaten in einer Höhle gefunden wird. Überraschenderweise quicklebendig.

Image by Pete Linforth from Pixabay

Drei wichtige Motive der Geschichte

Imperialismus

Zur Zeit des deutschen Kaiserreiches wollte Deutschland, wie die anderen europäischen Großmächte auch, seinen „Platz an der Sonne“.

Weil man zu spät dran war, sprang dabei nicht all zu viel heraus. Imperium spielt symbolisch für irregeleitete Großmachtphantasien auf einer kleinen, unbedeutenden Insel des Bismarck-Archipels im Südpazifik.

Die Moderne

Die Moderne war eine Zeit, in der eine immer größere Öffentlichkeit entstand. Mehr Öffentlichkeit bedeutete auch mehr Platz für verschiedene Ideen.

Platter ausgedrückt: Jeder Spinner konnte sich seine Suppe kochen und sich damit Gehör verschaffen. Engelhardt in Imperium ist dafür das beste Beispiel.

Moden

Es ist schwer zu sagen, ob die starke Präsenz von Ernährungsfetischen wie dem Vegetarismus eine Parodie auf die Moderne, oder auf unsere heutige Zeit sind.

Schon damals gab es Dinge, die für kurze Zeit im Licht der Öffentlichkeit als heißer Scheiß galten, nur um kurz danach wieder zu verschwinden. Im Roman finden wir dieses Phänomen mehrmals ironisch präsentiert.

Meine Meinung zu Imperium

Bei mir bleibt ein gemischtes Fazit. Imperium ist ein Buch mit Höhen und Tiefen. Die Grundidee eines leicht durchgedrehten Fanatikers mit alternativem Lebensstil, der auf einer kleinen Südseeinsel sein Paradis errichten will, ist durchaus witzig und hat Potential. Im Text dringt das an einigen Stellen auch gut durch.

Viel zu oft ist die Sache aber auch einfach nur gewollt. Der Text versucht zu vieles auf einmal zu parodieren. Dazu ist, das ist wohl Teil der Gesamtanlage, der Sprachstil unnötig sperrig. Sätze, die über ganze Seiten gehen, sollen wohl Teil der Grundironie sein, die Imperium inne ist, sind dabei aber weder amüsant noch zielführend. Der Stil bietet meiner Meinung nach keinen wirklichen Mehrwert und steht der Idee doch eher im Weg. So wirkt der Roman insgesamt leider etwas gezwungen.

Man müsse sich gedulden, der Gedanke, sich nackt und frei nur von Kokosnüssen zu ernähren, sei, obgleich zwingend, eine Idee, die erst sacken müßte in der zivilisierten Welt.

Christian Kracht – Imperium

Der Autor: Christian Kracht

Christian Kracht (*1966) ist ein schweizer Autor und Journalist. Seine Romane wurden in mehrere verschiedene Sprachen übersetzt und erhielten zahlreiche Preise. Häufig wird er als Vertreter der modernen Popliteratur bezeichnet, auch wenn er selbst diesen Begriff nicht besonders mag.

Zum Teil wurden seine Bücher von medialen Kontroversen begleitet, etwa weil ein Spiegel-Autor nicht in der Lage war, die Ironie im Text zu entdecken. Häufige Elemente seiner Werke sind Humor, politische Kultur und intertextuelle Anspielungen.

Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):

  • Faserland

  • 1979
  • Die Toten

Daten und Links zum Buch

  • Titel: Imperium
  • Autor: Christian Kracht
  • Jahr: 2012
  • Verlag: kiwi
  • Seiten: 256
  • Gewicht: 371 g
  • ISBN: 9783462041316

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