Cormac McCarthy – Die Straße
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Was wäre, wenn irgendeine Katastrophe von heute auf morgen unsere Welt vernichtet? Diese Grundidee, der Die Straße folgt, ist zunächst mal weder neu, noch besonders kreativ. Doch wie viele Plots der Literaturgeschichte können das schon von sich behaupten? Am Ende kommt es wie immer auf die Umsetzung an. Und eines kann man sagen: Das postapokalyptische Szenario, das Cormac McCarthy hier erzählt, kann sich sehen lassen.

Der Inhalt: Die Straße weg vom Tod, hin zur Küste – aber was dann?

Ein Vater und sein Sohn folgen einer Straße. Mit diesem kurzen Satz lässt sich der Kern von McCarthys Roman bereits ganz salopp und an der Oberfläche zusammenfassen.

Den Namen der beiden kennen wir nicht. Von wo sie kommen, wissen wir nicht. Und nicht einmal die beiden selbst haben eine genaue Vorstellung davon, was genau sie am Ende der Straße wollen und was sie dort erwartet. Worüber wissen wir überhaupt Bescheid?

Die Straße führt zur Küste. Es muss einer dieser endlosen Highways der USA sein, denn in diesem Land befinden wir uns, auch wenn davon nicht viel übrig ist. Irgendetwas schreckliches ist passiert, denn das Land liegt in Trümmern. Die Tiere sind tot, die meisten Pflanzen auch und die wenigen überlebenden Menschen wollen sich gegenseitig an den Kragen.

Hast du Freunde gehabt?
Ja.
Viele?
Ja.
Erinnerst du dich noch an sie?
Ja. Ich erinnere mich noch an sie.
Was ist mit ihnen passiert?
Sie sind gestorben.
Alle?
Ja. Alle.
Vermisst du sie?
Ja. Ich vermisse sie.
Wohin gehen wir?
Wir gehen nach Süden.
Okay.

Cormac McCarty – Die Straße

Wenn Vater und Sohn nicht der Straße folgen und an die Küste ziehen, sterben sie. Finden sie unterwegs nicht regelmäßig übrige Lebensmittel, sterben sie ebenfalls. Vielleicht wartet auch am Ende der Straße nur der Tod. Doch es ist ihre einzige Chance.

Unterwegs müssen sie vorsichtig sein, denn wie gesagt könnte jedes andere Lebewesen den Tod bringen. Sie sind nur zu zweit und in ihrem Revolver bleiben nur wenige Patronen, doch sie sind „die Guten“, alle anderen sind „die Bösen“ – zumindest glauben sie das.

In dieser dunklen Atmosphäre folgen wir Vater und Sohn. Vielleicht besteht die größte Gefahr in den anderen Überlebenden, vielleicht liegt die größte Gefahr auch in der eigenen Verzweiflung. Der einzige Hoffnungsschimmer ist die Küste, hätten sie nicht einmal diesen, gäbe es keinen Grund, überhaupt nach irgendwo zu gehen.

Mein Fazit: McCarthys Stil passt wie Arsch auf Eimer

Wer schon einmal ein Buch oder auch nur wenige Seiten von Cormac McCarthy gelesen hat, der kennt seine Eigenart, auf viele Satzzeichen zu verzichten. Seine Dialoge kommen ganz ohne Anführungszeichen aus und im Englischen Original wird man sogar Kommas nur in Ausnahmefällen finden. Letztes funktioniert auf Deutsch natürlich kaum.

Beim Lesen führt dieser Stil dazu, dass man zum einen mehr Konzentration als üblich braucht, dafür aber auch näher an die Figuren heranrückt. Besonders im dystopischen Setting von Die Straße sorgt diese Nähe dafür, dass die Atmosphäre durch den Stil noch verstärkt und noch beklemmender wird. Die fehlenden Satzzeichen kompensiert McCarthy durch eine besonders ausdrucksstarke Wortwahl.

Doch während das Buch den Leser einerseits in seinen Sog zieht, ist es andererseits auch kaum möglich ihn in einem Stück zu lesen. Der Grund dafür liegt aber nicht darin, dass der Inhalt nicht auszuhalten wäre, sondern darin, dass man wie gesagt durch das hohe Konzentrationslevel beim Lesen sehr gefordert wird.

Durch all das wird der Roman beeindruckend intensiv. Alleine weil er so besonders ist, ist er es wert, gelesen zu werden.

Der Autor: Cormac McCarthy

Cormac McCarthy (*1933) ist ein amerikanischer Autor. Er wurde mit mehreren bedeutenden Preisen ausgezeichnet. Sein Roman Die Abendröte im Westen wird zu den einflussreichsten amerikanischen Romanen der letzten Jahrzehnte gezählt, dennoch wurde McCarthy erst spät einem breiten Publikum bekannt.

Kennzeichnend für ihn ist sein Stil. Er schreibt in einfachen, aber dringlichen Sätzen und verzichtet auf Anführungszeichen bei wörtlicher Rede. Dadurch ergibt sich immer eine besondere Atmosphäre. Häufige Elemente seiner Werke sind der wilde Westen, düstere Atmosphäre und Freiheit von Moral.

Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):

  • Kein Land für alte Männer
  • Grenzgänger

Daten und Links zum Buch

  • Titel: Die Straße
  • Autor: Cormac McCarthy
  • Originaltitel: The Road
  • Jahr: 2006
  • Verlag: Rowohlt
  • Seiten: 253
  • Übersetzer: Nikolaus Stingl
  • Gewicht: 319 g
  • ISBN: 9783499246005

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[Rant]Daumen ganz weit runter im Übrigen für den Verlag, der das Cover mit einem überdimensionierten Pressezitat verschandelt hat. Pfui!
Wer lässt sich eigentlich von diesen sinnlosen Zitaten dazu verleiten, ein Buch zu kaufen? Es müssen die selben Menschen sein, die auch bei einem „Spiegel-Bestseller“-Aufkleber zugreifen. [/Rant Ende]

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