Mit Feuer und Blut habe ich schon einmal versucht, in die Welt von Game of Thrones einzutauchen. Nun also ein echtes Mammutprojekt. Das Lied von Eis und Feuer dauert als Hörbuch mehrere Tage. Doch schließlich sind wir im Lockdown und die Universitätsbiliothek hatte eine Box mit den ersten sechs von bisher zehn Bänden im Angebot. Das Fazit fällt am Ende zwiegespalten aus: Ich habe zwar deutlich gesehen, was die Geschichte zu einer spannenden Serie macht, doch für ein Hörbuch ist sie nur mit Abstrichen geeignet. Und auch die Umsetzung dieser Ausgabe hat ein paar deutliche Schwächen.
Wie ist Das Lied von Eis und Feuer auf Deutsch aufgeteilt?
Wahrscheinlich ist es nötig, ein paar Worte darüber zu verlieren, welche Teile der Saga hier enthalten sind. Verlage splitten Fantasy-Reihen gerne auf kreative Art und Weise auf und damit dem Leser nicht langweilig wird, bleibt diese Aufteilung dann natürlich auf gar keinen Fall konstant.
Im englischen Original haben wir fünf Bücher. Daraus wurden auf Deutsch zehn Taschenbücher. 2016 erschien eine gebundene Ausgabe in fünf Bänden. Die Hörbuch-CDs entsprechen den Taschenbüchern. Audible allerdings hat die Hörbücher auf 20 Teile aufgeteilt.
Diese Box enthält die Hörbücher I. bis VI. Die restlichen Teile sind einzeln erhältlich. Warum es keine vollständige Box mit allen zehn Bänden gibt – Ich weiß es nicht.
Taschenbuch (blanvalet) | Gebunden (2016) | Hörbuch-CD | Audible-Download |
I. Die Herren von Winterfell II. Das Erbe von Winterfell III. Der Thron der Sieben Königreiche IV. Die Saat des goldenen Löwen V. Sturm der Schwerter VI. Die Königin der Drachen VII. Zeit der Krähen VIII. Die dunkle Königin IX. Der Sohn des Greifen X. Ein Tanz mit Drachen | I. + II. Der Winter naht III. + IV. Unser ist der Zorn V. + VI. Hört mich brüllen VII. + VIII. Hoch hinaus IX. + X. Ein grimmiger Feind, ein treuer Freund | I. Die Herren von Winterfell II. Das Erbe von Winterfell III. Der Thron der Sieben Königreiche IV. Die Saat des goldenen Löwen V. Sturm der Schwerter VI. Die Königin der Drachen VII. Zeit der Krähen VIII. Die dunkle Königin IX. Der Sohn des Greifen X. Ein Tanz mit Drachen | Audible hat jedes der zehn Bücher nochmal auf zwei Teile aufgeteilt, insgesamt also 20. |
Inhalt: Der Kampf um den Thron von Westeros
An einer Zusammenfassung des kompletten Inhalts kann man nur scheitern, vor allem wenn man sich auf einen Blogpost beschränken will. Doch durch den Erfolg von Game of Thrones hat sowieso jeder ein ungefähres Bild, was man erwarten darf.
Der Kontinent Westeros wurde hunderte Jahre vom Haus der Targaryen regiert. Ihre Drachen halfen ihnen, die Macht zu sichern. Doch vor einigen Jahren wurden die Targaryen gestürzt. Die Überlebenden des Hauses sind im Exil und die Lage auf Westeros ist plötzlich wesentlich instabiler.
Das Reich setzt sich aus den sieben Königslanden zusammen. Ein jeder dieser sieben Teile wird von einem Adelshaus regiert. Nachdem König Robert Baratheon das Zeitliche segnet, bricht auf Westeros der offene Kampf um den Thron aus – das game of thrones.
Die Geschichte der Reihe beschäftigt sich in verschiedenen Handlungssträngen mit den Plänen und Intrigen im Machtspiel der einzelnen Adelshäuser. Wir bekommen ein komplexes politisches Ränkespiel mit vielen Facetten serviert. Den einen eindeutigen stereotypen Helden der Geschichte gibt es nicht, viele Charaktere taugen als Sympathieträger.
Als wären diese innenpolitischen Verstrickungen nicht genug, kommen zwei weitere große Handlungsstränge hinzu. Im ewig kalten Norden kämpft die Nachtwache an der großen Mauer gegen die Bedrohung durch die Wildlinge und die „Anderen“. Und im Osten arbeitet Daenerys Targaryen an einem Comeback ihres Hauses. Ihre Geheimwaffe? Drei frisch geschlüpfte Drachen.
Das Lied von Eis und Feuer funktioniert als Serie, aber nicht als Hörbuch
Das Lied von Eis und Feuer mag eine hervorragende Serie abgeben und funktioniert bestimmt auch als klassisches Buch ganz wunderbar – doch als Hörbuch will die Geschichte nicht so recht funktionieren.
Woran liegt es? Ein Grund ist sicher der Umfang. Wir haben es mit tausenden Seiten Text zu tun und allein diese ersten sechs Teile haben im Hörbuch über fünf Tage Laufzeit. Wohlgemerkt ist das ja noch nicht alles, hier fehlen noch vier Teile plus was auch immer George R.R. Martin wohl niemals schreiben wird.
Wer die Geschichte kennt, der weiß, dass in ihr so viele Figuren auftauchen, dass man nur allzu leicht den Überblick verliert. Und dass diese Charaktere untereinander allesamt in komplizierte politische Machtspiele verwickelt sind, macht die Sache nicht einfacher. Titel und Ämter, Verwandtschaftsverhältnisse, Ehen, Morde, … Ein „es ist kompliziert“ war als Beziehungsstatus selten angebrachter.
Was auf die komplexe Handlung oben drauf kommt, sind sprachliche Ausdrücke, die kein Wort besser beschreibt als das englische „cringeworthy“. Junge Mädchen „erblühen“ und Männer packen ihre „Männlichkeit“ aus. Ernsthaft? Zwei Minuten später wird dann wieder ausgiebig mit der Anzahl der gevögelten Huren oder dem eigenen Schwanz geprahlt. Etwas Konsistenz bitte. Das Lied von Eis und Feuer beweist einmal mehr, dass alles rund um das Thema Sex in Fantasy fast nie wirklich gut funktioniert.
Zum Sprecher: Reinhard Kuhnert
Hier müssen wir leider über vieles sprechen, das mir nicht gefallen hat. Denn in diesen Hörbüchern kann einem Reinhard Kuhnert – pardon, Reinhard – teilweise ordentlich auf den Senkel gehen.
Er bemüht sich, den verschiedenen Figuren auch unterschiedliche Stimmen zu geben. Gerade bei weiblichen Stimmen sind diese oft nicht ideal getroffen, teils sogar unangenehm. Ganz schlimm wird es, wenn im Text gesungen wird, oder irgendwelche Raben ihr permanentes „Korn? Korn? Korn?“ anstimmen. An diesen Stellen wird das Hörbuch unangenehm. Auch wenn das wohl eigentlich ein Problem des Textes ist, hätte man das als Sprecher besser lösen können.
Worüber man ebenfalls streiten kann, das ist die Aussprache der Namen. Wenn ich auf der einen Seite englische Bezeichnungen wie „King’s Landing“, den Titel des Lords oder ganz simpel einen John habe, dann passt es nicht ins Bild, einen Robert Baratheon in breitem Deutsch auszusprechen.
Führt euch das englische Robert und das deutsche Robert vor Augen – genau das meine ich. Ob das stört, muss jeder für sich selbst entscheiden. Zu seiner Verteidigung: Die Hörbücher wurden aufgenommen, bevor die Serie eine bestimmte Variante der Aussprache etabliert hat.
Es ist sehr schade, dass ausgerechnet der Sprecher zu den größeren Kritikpunkten am Hörbuch zählt. Denn eigentlich hätte Reinhard Kuhnert eine Stimme, der man auch über längere Zeit gut zuhören kann. Doch das hier ist wie gesagt keine Meisterleistung.
Der Autor: George R.R. Martin
George Raymond Richard Martin (*1948) ist ein amerikanischer Autor. Er studierte Journalismus und begann zeitgleich mit dem Schreiben und Veröffentlichen von Kurzgeschichten. Später kamen Romane und auch Drehbücher hinzu. Seit Mitte der 90er arbeitet er an seinem Fantasy-Epos Das Lied von Eis und Feuer.
Abgesehen von Fantasy ist er auch als Autor von Science-Fiction bekannt. Weltweit berühmt wurde er aber durch die Umsetzung von Das Lied von Eis und Feuer in der Serie Game of Thrones. Häufige Elemente seiner Werke sind eine Vielzahl an Plotsträngen und Charakteren, Inspiration aus der Geschichte, ein düsterer Ton oder Antihelden.
Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):
- Sandkönige
- Planetenwanderer
Daten und Links zum Buch
- Titel: Das Lied von Eis und Feuer – Bände 1 bis 6
- Autor: George R.R. Martin
- Originaltitel: A Song of Ice and Fire
- Übersetzer: Andreas Helweg, Jörn Ingwersen
- Jahr: 1996 – 2000
- Aufnahme: 1997 – 2002
- Verlag: Random House Audio
- Sprecher: Reinhard Kuhnert
- Dauer: 127h 49m
- Umsetzung: Ungekürzte Lesung
- ISBN: 9783837132359
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„Was auf die komplexe Handlung oben drauf kommt, sind sprachliche Ausdrücke, die kein Wort besser beschreibt als das englische „cringeworthy“. Junge Mädchen „erblühen“ und Männer packen ihre „Männlichkeit“ aus. Ernsthaft? Zwei Minuten später wird dann wieder ausgiebig mit der Anzahl der gevögelten Huren oder dem eigenen Schwanz geprahlt. Etwas Konsistenz bitte. Das Lied von Eis und Feuer beweist einmal mehr, dass alles rund um das Thema Sex in Fantasy fast nie wirklich gut funktioniert.“
Zunächst zu dem Zitat:
Das ist keine valide Kritik. Hier nutzt Martin das Konzept der Fokalisierung. Zwar sind Erzähler und Figur nicht identisch, aber ihre Wahrnehmung und insbesondere ihre Wortwahl ähneln sich schon sehr stark. Ab und an wird zwar nullfokalisert, aber grundsätzlich sind Wahrnehmungsebene von Figur und Erzähler identisch. Dadurch kommen auch eine komplett unterschiedliche Wortwahl zustande. Tyrion beschreibt eine Sache deutlich anders als eine Sansa. So erklären sich diese von Ihnen so als störend empfundenen Fekal- und euphemistischen Ausdrücke.
Zu den anderen Punkten auf der Seite:
Die englischen Namen wie ‚Dragonstone‘ oder ‚Kings Landing‘ empfinde ich als extrem störend. Sie tragen m. E. nichts zum Hörerlebnis bei und sind eine qualitative Verschlechterung für das Machwerk. Das beziehe ich aber ausschließlich auf die Ortsbezeichnungen. Bei den Figurennamen ist dies deutlich weniger störend. Man muss John nicht auf Krampf deutsch aussprechen. Genau wie Robért (deutsch) und Róbert (engl.) absolut gleichwertig sind. Catelyn hat z. B. kleine deutsche Entsprechung und es schränkt keinesfalls das Hörvergnügen ein, wenn ihr Name wie im Original Englischen beibehalten wird.
Über den nervigen Raben bin ich zwar ab und an gestolpert, empfand ihn aber nicht übergroßes Problem.
Über die Stimmen des Sprechers kann man, meiner Meinung nach, reden. Sie sind nicht perfekt. Aber man kann es wahrscheinlich weder vom Budget noch von der Logistik stemmen, dass für die weiblichen Rollen extra ein weiterer Sprecher angeheuert wird. Ganz ohne eigene Stimme für eine Figur, insbesondere die Hauptfiguren, geht es aber auch nicht. Diese Hörbücher sind dann meist bis zur Verschandelung monoton und damit auch nicht wirklich zu genießen.
Zunächst einmal danke dir, dass du dich mit meiner Rezension auseinandergesetzt hast 🙂
Dass sich die verschiedene Wortwahl von den jeweiligen Figuren herleitet, ist ein fairer Punkt und du hast mit dieser Erklärung (wenn ich mich recht an die Geschichte erinnere) völlig recht. Das ändert aber nicht, dass ich persönlich häufig genervt die Augen verdreht habe. Und das ist ja auch mein gutes Recht, denn an dieser Stelle geht es um persönlichen Geschmack. Jemand anders widerum mag das supertoll finden und großen Stil nennen – ich nicht.
Zum zweiten Punkt: Ganz ohne angepasste Stimmen sind Hörbücher fürchtbar monoton, volle Zustimmung. Hier ist es halt einfach in vielen Fällen schlecht umgesetzt. (Auch das mag wieder persönlicher Geschmack sein.)
Mehrere Sprecher anzuheuern – bitte nur als richtiges HörSPIEL, nicht mehrere für ein Hörbuch – könnte ich im Fall von so einem großen und beliebten Franchise sogar finanzierbar sein, soweit ich das als Laie beurteilen kann. Eine andere Dimension wäre es sicherlich, gerade angesichts der vielen Bände, aber rein theoretisch… Wahrscheinlich hat man es durchkalkuliert und sich dagegen entschieden. Als Hörer fände ich es in jedem Fall interessant, es könnte die Geschichte extrem lebendig machen.