Leo Perutz – Der schwedische Reiter
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Der schwedische Reiter erzählt die Geschichte zweier grundverschiedener Männer, die beide als ein und derselbe schwedische Reiter bekannt werden. Liebe, Täuschung und Verrat führen zu zwei Lebenswegen, die sich auf magische Weise überkreuzen.

Vorneweg: Es ist kein einfaches Unterfangen, den Plot dieses Romans kurz zusammenzufassen, denn die Konstruktion ist durchaus komplex. Daher werde ich hier etwas weiter ausholen, um zumindest die Grundlagen zu skizzieren. Das ganze ist trotzdem frei von größeren Spoilern.

Die Geschichte zweier Männer

Es ist Winter 1701. Im Ostseeraum tobt Krieg zwischen der Großmacht Schweden und einer Allianz verschiedener Reiche. Inmitten der Kälte treffen sich ein namenloser Dieb und der Adelige Christian von Tornefeld.
Der Dieb ist auf der Flucht vor dem Gesetz und hofft, in als Arbeiter in den Steinbrüchen des Bischofs Zuflucht zu finden. Auch Tornefeld ist flüchtig, er ist Deserteur, mit dem Ziel, sich dem schwedischen Heer anzuschließen.

Sie finden Zuflucht in einer einsamen Mühle, die regelmäßig vom Geist des verfluchten Müllers besucht wird. Weil sie hungrig sind, plündern sie dort die Vorräte. Unbemerkt taucht der Müller auf, und um ihn zu bezahlen, einigen sie sich darauf, dass der Dieb einen Verwandten Tornefelds, der in der Nähe einen Hof hat, aufsucht, um dort Gold zu holen.

Am Hof angekommen fallen dem Dieb zwei Dinge auf: Zum einen ist der Hof stark vernachlässigt und äußerst heruntergekommen. Zum anderen sieht der die schöne Maria Agneta, in die er sich sofort verliebt. Das Problem dabei: Maria Agneta ist seit Jahren dem Christian von Tornefeld versprochen.

Zurück bei der Mühle steht der Plan des Diebs: Durch eine Täuschung erreicht er, dass Tornefeld dem Geist des Müllers als Arbeiter in die Minen des Bischofs folgt, wo er die nächsten neun Jahre verbringen wird.

Der Dieb dagegen tut alles dafür, sein Ziel, die schöne Maria Agneta, zu erreichen. Als Räuberhauptmann verbringt er zwei Jahre damit, Reichtum anzuhäufen und nebenbei die Sitten eines Adeligen zu lernen. Nach zwei Jahren ist seine Tarnung gut genug, um sich als Tornefeld auszugeben und Maria Agneta zu heiraten. Als neuer Gutsherr ist er weithin als „der schwedische Reiter“ bekannt.

Natürlich währt das Glück des Diebes nicht ewig. Sein Schicksal und das des „echten“ Christian von Tornefeld treffen sich erneut.

Der Dieb – Eine ambivalente Hauptfigur

Leo Perutz erzählt im schwedischen Reiter wie so oft vor historischem Hintergrund eine spannende Geschichte voll mit wundersamen Dingen.
Bereits ganz zu Beginn verlässt die Erzählung den Bereich des Realen, als Dieb und Adeliger auf den verfluchten Geist des Müllers treffen. Im weiteren Verlauf scheint es wie so oft bei Perutz, dass das Schicksal der Protagonisten von einer höheren Macht bereits vorherbestimmt ist, dass am Ende alles so kommt, wie es von vornherein kommen musste.

Wer ist überhaupt dieser Dieb, der die Hauptfigur des Romans darstellt? Bis zum Ende erhält er nie einen eigenen Namen. Zuerst ist er Dieb, dann Räuberhauptmann, dann Gutsherr und schließlich Exilant. Die Namen der vier Kapitel des Buches spiegeln genau diese Entwicklung wieder. Immer entspricht die Identität des Diebes der Rolle, die er gerade ausfüllt.

Und auch als Sympathieträger ist der Dieb eine seltsame Figur. Zu Beginn des Textes lernen wir ihn als verschlagene und egoistische Figur kennen, die ihren Schicksalsgenossen verrät, um dessen Verlobte zu heiraten.
Seine Sorge um seine Familie, sein Fleiß als Gutsherr und nicht zuletzt sein tragisches Schicksal machen ihn am Ende dennoch zu jemandem, mit dem wir Mitleid empfinden. Er ist die ideale Besetzung für die Rolle, die er am Hof übernimmt, auch wenn er diese Position nicht auf gerechte Weise erreicht hat. Ein Spannungsfeld, wenn man darüber nachdenkt.

So lebten sie ein Jahr hindurch, so hielten sie es bis zu dem Abend, an dem der Blitzstrahl niederfuhr, der das Glück des schwedischen Reiters in Trümmer schlug.

Leo Perutz – Der schwedische Reiter

Der Autor: Leo Perutz

Leo Perutz (public domain, via Wikimedia Commons)
Leo Perutz
(public domain, via Wikimedia Commons)

Leo Perutz (1882 – 1957) war ein österreichischer Schriftsteller. Er lebte lange in Wien, wo er neben seiner Schriftstellerei auch als Versicherungsmathematiker arbeitete. In den 1920ern feierte er große Erfolge.

Als die Nazis die Macht übernahmen, wurden Perutz‘ Bücher verboten, da er Jude war. 1938 musste er nach Tel Aviv emigrieren. Nach dem zweiten Weltkrieg konnte er nicht mehr an seine alten Erfolge anschließen. Häufige Bestandteile seiner Werke sind historische Stoffe, Phantastische Elemente und widersprüchliche Interpretationsmöglichkeiten.

Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):

Daten und Links zum Buch

  • Titel: Der schwedische Reiter
  • Autor: Leo Perutz
  • Jahr: 1995
  • Verlag: dtv
  • Seiten: 255
  • Gewicht: 192 g
  • ISBN: 9783423133043

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Der schwedische Reiter hat Tragik, Witz und Spannung. Es gelingt Leo Perutz hervorragend, das historische Setting herzustellen (hier muss man unbedingt den Sprachstil erwähnen), das er mit einer ordentlichen Portion Magie versetzt.
Ich kann diese ungewöhnliche Geschichte in jedem Fall empfehlen.

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