Das Dschungelbuch ist das wohl bekannteste Werk des Nobelpreisträgers Rudyard Kipling. Wir sprechen für gewöhnlich von „dem Dschungelbuch“, obwohl es eigentlich zwei Bücher sind. Wie so oft wurden wir hier stark von Disney beeinflusst.
Die beiden Dschungelbücher enthalten zum einen die Geschichte Moglis, des Menschenjungen, der im indischen Dschungel bei Tieren aufwuchs, zum anderen auch eine Reihe von Kurzgeschichten über das Zusammenleben von Menschen und Tieren.
Der Dschungel ist kein Disneyland
Wie so oft unterscheidet sich das Buch stark von dem, was Disney später in unser aller Gedächtnis gebrannt hat. Disney hat viele Motive übernommen, die Geschichte aber mehr oder weniger komplett neu geschrieben.
So ist bei Kipling die Python Kaa nicht Feind, sondern Verbündeter. Mogli ist kein hilfsbedürftiges Kind, er wird zum Meister des Dschungels. Es sind auch nicht die Tiere, die Mogli zu den Menschen bringen wollen, um ihn zu schützen, sondern es ist seine Natur, die ihn im Alter von 17 schließlich dorthin treibt, denn: „Mensch geht am Ende zu Mensch, auch wenn der Dschungel ihn nicht ausstößt.“
Probier’s mal mit Gemütlichkeit? Nicht bei Rudyard Kipling.
Mehr als nur die Mogli-Geschichten
Zuerst einmal handeln die Geschichten natürlich von Mogli, dem Menschenjungen, der als kleines Kind von Wölfen adaptiert und aufgezogen wurde. Wir können nachlesen, wie er lernt, was es braucht, um im Dschungel zu überleben. Er lernt die Bewohner und deren Sprachen kennen und er lernt natürlich das Gesetz des Dschungels, das über allem steht.
Das oberste Gesetz lautet: „Töte nie einen Menschen.“ Der Grund dafür ist nicht etwa reine Freundlichkeit, sondern die Gefahr, die von der Rache der Menschen ausgeht.
Kiplings Dschungel erinnert beinahe an einen Staat mit seinen Gesetzen und seiner Hierarchie. Alles im Dschungel hat seinen Platz, an den es gehört. Wenn sich alle an das Gesetz des Dschungels halten, dann herrschen Friede und Ordnung. Wird das Gesetz gebrochen, gibt es Ärger.
Als Mogli zum ersten Mal auf Menschen trifft, muss er erst lernen, Mensch zu sein und mit den Eigenheiten der Zivilisation zurechtzukommen.
Interessant ist, wie unterschiedlich Inder und Engländer den Dschungel und seine Bewohner sehen und behandeln. Bei den indischen Bewohnern des Landes herrscht eine Menge Aberglaube. Das führt an einer Stelle dazu, dass Mogli aus Rache „den Dschungel loslässt“ und ein Dorf dem Erdboden gleichmacht. Nein, das harmlose Kind aus dem Disneyfilm ist Mogli wahrhaftig nicht.
Teil 2 erzählt uns dann in weiteren Kurzgeschichten Geschichten darüber, wie Dschungeltiere und Menschen auskommen. Mal ist es ein Ignorieren, mal ein Helfen, mal ein Jagen und Töten.
„Das kommt schon. Ich sage Ihnen, nur einmal in meiner Laufbahn, und das sind dreißig Jahre, habe ich einen Jungen getroffen, der so angefangen hatte wie dieser mann. Und der ist gestorben. Manchmal hört man von ihnen in den Volkszählungsberichten, aber sie sterben alle. Dieser Mann hat überlebt, und er ist ein Anachronismus, denn er ist vor der Eiszeit und der Steinzeit. Sehen Sie, er steht am Beginn der Geschichte des Menschen – Adam im Garten, und jetzt brauchen wir nur noch eine Eva! Nein! Er ist älter als dieses Kindermärchen, genauso wie der Rukh älter ist als die Götter. Gisborne, ich bin jetzt Heide, ein für allemal.“
Rudyard Kipling – Das Dschungelbuch 1
Aufbau und Übersetzung dieser Auflage
Diese Auflage bei dtv enthält Das Dschungelbuch 1 und 2, von Andreas Nohl neu übersetzt. Im Nachwort erklärt er einige seiner Übersetzungsentscheidungen, wie etwa die Schlange Kaa weiblich statt männlich sein zu lassen, um Verwirrung durch unterschiedliche Pronomen (die Schlange – der Kaa) zu vermeiden. Im Vordergrund der Übersetzung standen Lesbarkeit und Eindeutigkeit, was durchaus gelungen ist.
Die Geschichten wurden so sortiert, dass in Teil 1 die Mogli-Geschichten vereint sind und eine Art Chronologie ergeben. Teil 2 enthält verschiedene Einzelgeschichten, die inhaltlich nicht zusammenhängen.
In der Erstausgabe und vielen Ausgaben seitdem sind die Geschichten noch bunt durcheinandergemischt. Doch bereits Kipling veränderte diesen Originalaufbau in späteren Editionen zugunsten des Zusammenhangs.
Die dtv-Auflage bietet zusätzlich einen Anhang mit einigen Erläuterungen, sowie den englischen Versionen aller Lieder und Gedichte.
Ich möchte außerdem die optische Gestaltung hervorheben, die äußerst gelungen ist. Die einzelnen Geschichten sind durch eine dunkelblaue Seite voneinander abgegrenzt, die Typografie der Überschriften sorgt für ein schönes Schriftbild.
Dein Krieg soll unser Krieg sein. Wir werden den Dschungel loslassen!
Rudyard Kipling – Das Dschungelbuch
Der Autor: Rudyard Kipling
Rudyard Kipling (1865 – 1936) war ein britischer Autor. Er wurde in Bombay geboren, mit fünf Jahren aber nach England gebracht. Mit 16 kehrte er nach Indien zurück, wo er als Journalist arbeitete und nach und nach ganz Indien bereiste. Ab 1889 lebte er jedoch wieder in England.
Um die Jahrhundertwende war er einer der populärsten englischen Schriftsteller. Bis heute ist er mit damals 41 Jahren der jüngste Träger des Nobelpreis für Literatur. Er ist vor allem als Autor von Kinder- und Jugendbüchern bekannt. Häufige Themen seiner Werke sind Indien oder der britische Imperialismus.
Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):
- Der Mann, der König sein wollte
- Über Bord
Daten und Links zum Buch
- Titel: Das Dschungelbuch 1&2
- Autor: Rudyard Kipling
- Originaltitel: The Jungle Book
- Jahr: 1894 / 95
- Verlag: dtv
- Seiten: 528
- Übersetzer: Andreas Nohl
- Gewicht: 463 g
- ISBN: 9783423146449
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