Mit Der große Schlaf hat Raymond Chandler den amerikanischen „hardboiled detective“ populär gemacht. Coole Sprüche und Kanonen, das zeichnet diesen Typ des Privatdetektivs aus. Seit Chandler haben wir diese Figur in zahllosen Büchern, Filmen und Serien gesehen und genossen. Unterhaltsam und ein guter Zei1vertreib ist der Hardboiled Detective in jedem Fall. Zumindest in seiner heutigen Form. Doch ist er es auch in einem seiner ersten Auftritte? Die Büchergilde hat eine sehr hübsche, von Thomas M. Müller illustrierte, Version von Raymond Chandlers Klassiker.
Der Inhalt: Philip Marlowe gegen die Erpresser
Der alte General Sternwood wird erpresst. Der Buchhändler Geiger will von Carmen, der Tochter des wohlhabenden aber kränklichen Generals, Geld. Es ist nicht der erste Erpressungsversuch. Überhaupt scheint der General im Allgemeinen wenig Glück mit seinen Töchtern zu haben, denn Rusty Regan, der Mann von Vivian, seiner anderen Tochter, ist vor kurzem plötzlich verschwunden. Damit zumindest die Erpressung vereitelt wird, heuert Sternwood den Privatdetektiv Philip Marlowe an.
Marlowe findet schnell heraus, dass Geigers Buchladen in Wirklichkeit ein illegaler Porno-Verleih ist. Und eines seiner Models ist eben jene Carmen Sternwood. Es sind Drogen im Spiel. Dass Carmen mit solchen Nacktfotos erpressbar ist, ist klar. Doch ganz so einfach ist die Sache am Ende doch nicht. Marlowe ist hier nur an der Oberfläche eines Geflechts aus Erpressung, Liebe und illegalen Aktivitäten.
Als erfahrener Leser weis man, dass Rusty Regan nicht erwähnt worden wäre, würde er in der Geschichte nicht noch eine Rolle spielen. Natürlich ist auch Carmen mehr als nur das harmlose Opfer. Und dann ist da noch der Casinobesitzer Eddy Mars. Philip Marlowe hat einen Auftrag vor sich, der alles andere als einfach ist.
Mein Fazit: Ist der „harte Hund“ mittlerweile zu gewöhnlich?
Kanonen, Alkohol, Glücksspiel, Frauen, harte Jungs und coole Sprüche – Der große Schlaf und Philip Marlowe sind alles, was wir heute nur allzu gut als den klischeehaften Hardboiled Detective kennen.
Heute ist diese Art des Kriminalromans für uns nichts neues, doch Philip Marlowe war eine der ersten Figuren dieses Typs. Chandler lässt es sich nicht nehmen, im Roman selbst den Unterschied zu einem Detektiv des Typs Sherlock Holmes anzusprechen.
Ich bin nicht Sherlock Holmes oder Philo Vance. Ich schnüffle nicht, nachdem die Polizei schon da war, noch mal am Tatort rum, um ’ne zerbrochene Füllfeder aufzulesen und ’nen Fall darauf aufzubauen. Wenn Sie glauben, daß es einen im Detektivgeschäft gibt, der so seine Brötchen verdient, dann kennen Sie die Polente schlecht. So was übersehen die nicht, wenn sie was übersehen.
Raymond Chandler – Der große Schlaf
Hier haben wir es nicht nur mit Logik, sondern mit Action und Coolness zu tun. Natürlich hat die Wirkung dieses Effekts heute etwas nachgelassen, einfach deshalb, weil wir das Motiv gewohnt sind. Der harte Hund ist für uns völlig normal.
Doch auch wenn wir diesen Typ des Detektivs gut kennen, baut Der große Schlaf eine erstklassige Atmosphäre auf. Hier liegt die große Stärke des Romans. Wir sind sofort mittendrin in einer Geschichte, in der sich harte Jungs auch mit vorgehaltener Pistole coole Sprüche um die Ohren hauen. Der Tod ist Berufsrisiko. Viel wichtiger ist es, sich keine Blöße zu geben.
Als Kritik muss ich allerdings anmerken, dass mich der Roman zwischendurch an manchen Stellen verloren hat. Besonders im Mittelteil habe ich hier und da den Überblick über die Zusammenhänge verloren. Eddie Mars, Joe Brody, General Sternwood – heute wirken diese Namen und die Figuren dahinter maximal klischeehaft für amerikanische Detektivgeschichten. Auch deshalb waren diese Figuren für mich zwischendurch etwas zu generisch als dass ich jederzeit den Überblick über alle Verstrickungen behalten hätte. Ob das nun an der historisch gewachsenen Leseerfahrung liegt, oder am Roman selbst, ist schwer zu sagen.
Wenn man aber nur eine Geschichte lesen will, um den Typ des amerikanischen hardboiled detective zu begreifen und dabei noch gut unterhalten zu werden, dann ist man mit Der große Schlaf bestens bedient.
Der Autor: Raymond Chandler
Raymond Chandler (1888 – 1957) war ein amerikanischer Autor. Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er als Journalist, bevor er im Ersten Weltkrieg als Freiwilligen in die Armee eintrat. Nach dem Krieg arbeitete er in verschiedenen Berufen, allerdings wurde er in der Weltwirtschaftskrise arbeitslos. Von da an widmete er sich voll und ganz der Schriftstellerei.
Zunächst schrieb Chandler vor allem Kurzgeschichten, später auch Romane und Drehbücher. Mit seiner Figur Philip Marlowe zählt er zu den wichtigsten amerikanischen Autoren von Kriminalromanen. Er ist einer der Pioniere der Figur des hardboiled detective.
Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):
- Die Lady im See
- Der lange Abschied
- Die kleine Schwester
[…] Kapitel 7 – Raymond Charles: Der große Schlaf […]