In Patricia Highsmiths Roman Der talentierte Mr. Ripley bekommen wir es mit einem dreisten Betrüger zu tun. Tom Ripley will nicht mehr er selbst sein, denn er hält sein Leben für erbärmlich. Natürlich könnte man es mit Geduld und harter Arbeit versuchen, doch der Weg über ein Verbrechen scheint sehr viel erfolgversprechender. Wir haben also eine wunderbare Prämisse für einen guten Krimi. Noch dazu bin ich auf eine Ausgabe dieses Klassikers der Kriminalliteratur gestoßen, der mir 3D-Illustrationen versprochen hat.
Der Inhalt: Tom Ripley, Dickie Greenleaf und der Traum von einem Leben im Luxus
Tom Ripley ist ein durchschnittlicher Niemand. Er hat weder besonders viel Geld, noch irgendwelchen Ruhm. Wer mag ihm verdenken, dass ihn das nicht allzu glücklich macht? Nun ist die Gelegenheit gekommen: Der reiche Werftbesitzer Greenleaf bittet Ripley, seinen Sohn Dickey zur Rückkehr in die USA zu überreden. Greenleaf hält Ripley für einen alten Freund von Dickey. Dieser hat sich vor einiger Zeit nach Italien abgesetzt, wo er mit seiner Freundin Marge Sherwood lebt und versucht, als Maler den Durchbruch zu schaffen.
Gegen eine Reise ins sonnige Italien lässt sich nichts sagen. Für Ripley ist es die perfekte Gelegenheit, seinem deprimierenden Alltag zu entfliehen. Noch dazu ist es Greenleaf, der den Spaß bezahlt.
Er begann ein neues Leben. Adieu, all ihr minderwertigen Leute, mit denen er sich in den letzten drei Jahren herumgetrieben und die er um sich herum geduldet hatte.
Patricia Highsmith – Der talentierte Mr. Ripley
Die Reise zeigt Ripley, wie viel besser das Leben ist, wenn man Geld und genug freie Zeit hat. In Italien nimmt er es deshalb mit seinem Auftrag nicht allzu genau. Er schafft es, sich bei Dickey beliebt zu machen und vertreibt sich Tag für Tag mit ihm, inklusive aller Annehmlichkeiten, die man genießt, wenn man nur das Budget dafür hat.
Tom Ripley sieht an Dickey all das, was er gerne hätte, aber selbst nie haben kann. Doch als der alte Mr. Greenleaf beschließt, ihm den Geldhahn zuzudrehen, scheint der gelebte Traum vorbei. Es sei denn – was wäre, wenn man Dickey Greenleaf beseitigen und seinen Platz einnehmen könnte? Es dürfte nur niemand dahinter kommen, denn sonst wären Schwierigkeiten unvermeidbar.
Er konnte Dickie Greenleaf werden. Er konnte alles tun, was Dickie tat. Er konnte nach Mongibello fahren und Dickies Sachen abholen, Marge irgendeinen Unsinn erzählen, in Rom oder Paris eine Wohnung mieten, Dickies monatlichen Scheck entgegennehmen und Dickies Unterschrift darauf fälschen. Er konnte ohne weiteres Dickies Rolle spielen. Mr. Greenleaf senior würde ihm aus der Hand fressen.
Patricia Highsmith – Der talentierte Mr. Ripley
Mein Fazit: Gut, aber ein wenig in die Jahre gekommen.
Tom Ripley entspricht dem, das wahrscheinlich viele Menschen insgeheim fühlen: Sein eigenes Leben deprimiert ihn, er träumt von Reichtum und Freiheit. Er würde vieles dafür geben, jemand anderes zu sein. Doch welche Konsequenzen bringt es mit sich, die eigene Identität zu fälschen? Insbesondere wenn der „Tauschpartner“ seinen Beitrag zu diesem Handel unfreiwillig geleistet hat, sind es doch so einige.
Tom Ripley ist ein Betrüger. So unmoralisch wir sein Verhalten auch finden mögen, können wir es doch andererseits irgendwo nachvollziehen: Wie schön wäre es, Geld und Zeit zu haben? Es ist nicht schwer, sich mit den Wünschen dieser Figur zu identifizieren.
Eine Gut-Böse-Diskussion aufzuwerfen und zu schreiben, wie unmoralisch das Handeln der Hauptfigur doch ist, finde ich dagegen überzogen. Antagonisten mit verwerflichen Motiven finden wir in sämtlichen Büchern, Serien, Filmen und Spielen – Tom Ripley sticht für mich an dieser Stelle nicht besonders hervor.
Im ersten Teil seines Lebens war das Schicksal schrecklich ungerecht mit ihm verfahren, dachte er, doch die Zeit mit Dickie und danach hatte das mehr als wettgemacht. Doch er hatte das Gefühl, daß ihn in Griechenland etwas erwartete, und zwar nichts Gutes.
Patricia Highsmith – Der talentierte Mr. Ripley
Am Ende kann ich einerseits festhalten, dass dieser Krimi keine wirklichen Schwächen hatte, die einem ins Auge fallen würde. Zum anderen gibt es aber dennoch andere Geschichten, die mich sehr viel mehr gefesselt haben. Möglicherweise hat Der talentierte Mr. Ripley einfach nur das Problem so einiger Klassiker, dass man die Grundidee bereits zu gut kennt. Möglicherweise fehlt aber auch das letzte Quäntchen Spannung.
Doch auch wenn Der talentierte Mr. Ripley mich nicht komplett packen konnte, würde ich den Roman trotzdem jederzeit interessant und gut nennen. Auch wenn er nicht zu meinen All-Time-Favourites gehören wird, lohnt es sich, diesem Krimi zu lesen.
Was die 3D-Illustrationen von Antonia Rügler angeht, ist mein Fazit gemischt. Zum einen habe ich noch nie zuvor 3D-Zeichnungen in Büchern erlebt und wollte diese Ausgabe alleine schon deshalb besitzen. Und bestimmt lässt sich diese Zeichentechnik auch mit Bezug auf die Story interpretieren. Auf der anderen Seite stört es den Lesefluss am Ende doch, alle paar Seiten zur beigelegten 3D-Brille greifen zu müssen. Und wie ansprechend man diese Zeichnungen findet, muss wie immer ein jeder selbst entscheiden. Alles in allem würde ich die Illustrationen aber allein schon wegen des kreativen Ansatzes positiv bewerten.
Der Autor: Patricia Highsmith
Patricia Highsmith (1921 – 1995) war eine amerikanische Autorin. Wie viele Autoren begann sie schon in ihrer Kindheit mit dem Schreiben. Später schrieb sie während ihres Studiums der englischen Literatur für eine Studentenzeitung. Der Durchbruch als Schriftstellerin gelang ihr mit der Verfilmung von Zwei Fremde im Zug.
Da sie es sich ab diesem Zeitpunkt leisten konnte, lebte Patricia Highsmith an verschiedenen Orten in Europa. 1995 starb sie an Krebs. Sie ist insbesondere bekannt für ihre Figur Tom Ripley und ihre Kriminalromane, in denen sie den Fokus auf moralische Fragen und das Innenleben ihrer Figuren legt.
Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):
- Zwei Fremde im Zug
- Salz und sein Preis
- Tiefe Wasser