David Benioff – Stadt der Diebe
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Treibt mir ein Dutzend Eier auf, oder ihr sterbt. Als ich die Idee hinter dem Plot gehört habe, wurde ich neugierig, denn es klang skurril. Warum sich Stadt der Diebe manchmal anfühlt wie ein Film, das erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Inhalt: Eier, wir brauchen Eier!

St. Petersburg, Endes des Jahres 1941: Seit Monaten stehen die Deutschen vor der Stadt, es ist kalt und es gibt nichts zu essen. Der 17-jährige Lew sieht einen toten deutschen Piloten vom Himmel fallen und durchsucht ihn nach Nahrung. Er wird dabei erwischt und verhaftet: Einen toten Feind zu plündern ist Diebstahl am Staat, ein Verbrechen, auf das für gewöhnlich die Todesstrafe steht.

Im Gefängnis landet er in einer Zelle mit Kolja, einem vermeintlichen Deserteur der Roten Armee. Sie werden einem Oberst vorgeführt, der ihnen einen ungewöhnlichen Deal anbietet, um ihr Leben zu retten: Die Tochter des Oberst feiert bald Hochzeit, doch es fehlen Eier, um die Torte zu backen. Lew und Kolja haben eine Woche Zeit, um ein Dutzend einer zu besorgen. In einer Stadt, die vom Feind umstellt ist, und in der die Menschen Buchleim und Erde essen.

Mein Fazit: Eine Geschichte nach Kochrezept?

Beim Lesen von Stadt der Diebe dachte ich mir mehrmals: „Das ist als würde man einen Film lesen“. Und tatsächlich, man muss nicht einmal genau hinsehen und man findet viele Elemente, die ganz klassich für Hollywooddrehbücher sind: Wir haben zwei Protagonisten, die als ungleiches Duo miteinander auskommen müssen, das gibt uns Potential für Humor und Spannungen zwischen beiden. Wir haben eine innere, charakterliche Entwicklung, die beide durchmachen müssen, während sie ihr äußeres Problem lösen müssen. Jeder der beiden muss sich einer Schwäche oder Angst stellen. Und dazu natürlich noch eine Lovestory.

Kurz, wir haben alles das, was man in Drehbuchratgebern nachlesen kann. Der Aufbau ist die klassische Heldenreise nach Christopher Vogler. Da ist es auch kein großes Wunder mehr, dass der Autor, David Benioff, sein Geld mit Drehbüchern für Hollywood verdient.

Im Prolog wird das auch direkt zum Thema. Benioff trifft seine Großeltern und fragt sie nach ihren Kriegserlebnissen. Was sagt ihm sein Großvater? „Du bist doch der Schriftsteller. Denk dir was aus.“

Kolja grinste mich an. Er hatte noch immer den Arm um Sonja gelegt, drückte sie fest an sich. Sie hatte sich in einem Männermantel und drei oder vier Pullover eingemummt, aber trotz der voluminösen Kleidung merkte ich, dass nicht mehr viel an ihr dran war.

„Das war eine klassische Verführung. Ich hab sie in einem Kunstgeschichteseminar kennengelernt. Hab sie mit allen Perversionen der großen Meister bekannt gemacht, von Michelangelos Knaben bis hin zu Malewitschs Füßen – hast du das gewusst? Er pflegte morgens die Füße seiner Haushälterin zu zeichnen und sich abends über den Bildern einen runterzuholen.“

„Alles gelogen. Außer ihm hat kein Mensch auf der Welt je davon gehört“, teilte sie mir vertraulich mit.

David Benioff – Stadt der Diebe

Die Frage ist jetzt: Wird die Geschichte zu berechenbar, wenn sie „nach Kochrezept“ geschrieben ist?

Wir kennen das vielleicht von Filmen. Bei manchen Filmen beschleicht einen das Gefühl „irgendwie hab ich das alles schon mal gesehen“. Und genau das ist die Gefahr, wenn Geschichten nach Schema F erzählt werden: Es fühlt sich alles sehr ähnlich an, fast wie ein Massenprodukt vom Fließband, und es braucht irgendetwa anderes, um das starre Schema aufzulockern oder zu kaschieren. Bei Filmen können das beeindruckende Bilder oder geniale Musik sein, aber wie sieht es bei geschriebenen Geschichten aus, wo diese Mittel wegfallen?

Wichtig wird das Wie. Der Autor muss an anderer Stelle kreativ werden, oder besonders gute Arbeit leisten, will er sich irgendwie aus der Beliebigkeit abheben. Ein guter, angenehmer Schreibstil lässt mich das Schreiben nach Rezept zum Großteil verzeihen, genauso wie besonders kreative Ideen. So eine kreative Idee war es, die mich dazu gebracht hat, das Buch überhaupt erst zu lesen: Ich fand die Kurzbeschreibung des Plots „Sie müssen mitten im zweiten Weltkrieg 12 Eier finden, sonst ist die Rübe ab“ wunderbar absurd.

Und da es David Benioff geschafft hat, dass ich beim Lesen nicht gelangweilt, sondern gut unterhalten war, kann ich ihm auch verzeihen, dass er sich so starr an die Heldenreise hält. Wobei, das muss man auch sagen, die Heldenreise nicht so populär wäre, wenn sie nicht funktionieren würde. Es kommt eben darauf an, was man daraus macht.

<Ich lass dich nicht sterben>
Ich war siebzehn und dumm und glaubte ihm.

David Benioff – Stadt der Diebe

Daten und Links zum Buch

  • Titel: Stadt der Diebe
  • Autor: David Benioff
  • Originaltitel: City of Thieves
  • Jahr: 2009
  • Verlag: Heyne
  • Seiten: 381
  • Übersetzerin: Ursula Maria Mössner
  • Gewicht: 310 g
  • ISBN: 9783453407152

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