So bekannt wie Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde von Robert Louis Stevenson sind nur wenige Novellen. Auch wer die Geschichte noch nie gelesen hat, hat wahrscheinlich zumindest den Namen schon gehört. Wir alle haben uns wahrscheinlich selbst schon gefragt: Wer und wie bin ich wirklich? Der Kampf zwischen zwei Extremen im Inneren einer Person, zwischen Gut und Böse, zwischen Konformität und Freiheit – in dieser Geschichte wird er gekämpft und zwar bis zum Tod.
Inhalt: Wer ist dieser Mr. Hyde?
Mr. Utterson, unser Erzähler, bekommt eine seltsame Geschichte erzählt. Sie handelt davon, wie sein Cousin, Mr. Enfield, vor wenigen Tagen dem zwielichtigen Mr. Hyde begegnet ist. Enfield hatte Hyde dazu gezwungen, einem Mädchen, das dieser angerempelt hatte, als Entschädigung einen Scheck auszustellen. Das Komische: Der Scheck lautete auf den Namen einer berühmten Persönlichkeit.
Utterson ist von dieser Geschichte verstört, denn erst vor kurzem hatte er das Testament eben dieser Persönlichkeit zur Aufbewahrung bekommen. Es handelt sich um seinen alten Freund Dr. Jekyll.
Das Testament war für Utterson ein Rätsel, denn Jekyll hatte es abgeändert, so dass sein komplettes Vermögen im Fall des Todes oder Verschwindens an Mr. Hyde gehen sollte. Niemand hatte je zuvor von Mr. Hyde gehört. Auf die Sache angesprochen bittet Jekyll Utterson jedoch, nicht weiter darüber zu reden.
Etwa ein Jahr später steht Hyde unter Mordverdacht. Jekyll aber beruhigt Utterson und zeigt ihm einen Brief, in dem Hyde sich für immer verabschiedet hat. Doch wieso sieht die Handschrift aus wie die von Jekyll selbst?
Wenige Wochen später beginnt Jekyll, sich zu isolieren. Immer länger sperrt er sich in seinem Laboratorium ein und verhält sich auch ansonsten höchst ungewöhnlich. Utterson erhält von Jekyll einen letzten Brief, mit der Bitte, diesen erst nach dessen Tod zu lesen.
Einen Toten gibt es tatsächlich bald. Es ist allerdings nicht Jekyll, sondern Hyde, der tot aufgefunden wird. Er liegt tot in Jekylls Laboratorium und trägt auch dessen Kleidung – Wie kam es dazu? Utterson öffnet den Brief und erfährt das ganze Geheimnis das Dr. Jekyll und Mr. Hyde umgibt:
„Mein lieber Utterson. – Wenn Dir dies in die Hände fallen wird, werde ich nicht mehr sein. Wie sich das ergeben wird, vermag ich nicht vorauszusehen; doch mein Gefühl und alle Umstände meiner beispiellosen Lage künden mir die Nähe und Unvermeidlichkeit des Endes. […]“
Robert Louis Stevenson – Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Mein Fazit: Die Geschichte ist klasse, diese Ausgabe leider nicht
Was soll man noch groß zu Stevensons Dr Jekyll und Mr Hide sagen? Die Geschichte ist nicht ohne Grund einer der größten Klassiker der Weltliteratur. Das Doppelgänger-Motiv ist hier großartig umgesetzt: In uns allen steckt ein guter und ein böser Teil, wir alle sind von Zeit zu Zeit „nicht wir selbst“. Oder sind wir eben doch beides?
So kam es, daß ich zwei Seelen wie auch zwei Gestalten besaß, eine gänzlich böse und eine, die der alte Henry Jekyll war, jener unausgeglichene Mischlnig, auf dessen Wandlung und Besserung zu hoffen ich schon lange aufgegeben hatte.
Robert Louis Stevenson – Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Diese Erzählung zählt definitiv zu den wenigen, von denen ich sage, ein jeder sollte sie kennen. Auch deshalb, weil sie so bekannt und einflussreich ist. Und von den großartig umgesetzten Motiven abgesehen, ist die Geschichte tatsächlich auch spannend. Jekyll oder Hide – wer gewinnt? Ich will es hier nicht verraten.
Lest dieses Buch, egal ob in dieser Ausgabe oder in einer anderen. Besser aber in einer anderen. Denn so sehr ich illustrierte Aufgaben mag, in diesem Fall muss ich die optische Gestaltung leider stark kritisieren:
Die Illustrationen von Seymour Chwast haben meinen Geschmack nicht getroffen. Ich denke nicht, dass sie dem Text eine weitere Ebene verleihen – sie sind wirklich nur Dekoration. An sich nicht schlimm, aber dann sollten sie wenigstens ästhetisch ansprechend sein, was sie meiner Meinung nach aber nicht sind. Schade.
Ein weiteres optisches Detail, das ich nicht sehr gelungen fand, ist der zunehmende Fettdruck in der zweiten Hälfte des Buches. Der Gedanke, den Text auch optisch in zwei Teile zu teilen – einen normal und einen fett gedruckten – ist an sich gut. Allerdings sorgt genau dieser Kunstgriff dafür, dass der Text teils schwierig zu lesen ist. Vielleicht hätte der Effekt mit einer anderen Schriftart besser funktioniert?
Auch das Format dieser Ausgabe ist sehr unangenehm. Da es so groß ist, liegt es schlecht in der Hand und die Hälfte der Seiten bleibt ungenutzte Fläche.
Ziemlich nutzlos fand ich auch das Nachwort. Dieses besteht zu einem Großteil aus pseudointellektuellem Geschwafel. (Sorry an den Verfasser) Ich persönlich habe es als durch und durch uninteressantes Buzzword-Bingo empfunden. Dieses Nachwort hat so gut wie keinen Mehrwert. Besonders bei einem Text wie diesem, zu dem Berge an guten wissenschaftlichen Arbeiten geschrieben wurden, ist so viel verschenktes Potential an dieser Stelle einfach nur ärgerlich.
Der Autor: Robert Louis Stevenson
Robert Louis Stevenson (1850 – 1894) war ein schottischer Autor. Bereits als Kind hatte er gesundheitliche Probleme und aufgrund von Tuberkulose starb er mit nur 44 Jahren. Seinem Vater zuliebe studierte er Jura, er selbst wollte allerdings schon früh Schriftsteller werden.
Stevensons Roman, Die Schatzinsel, wurde früh zu einem Erfolg. Auch wenn ihm weitere populäre Werke folgen, waren es doch vor allem seine gesundheitlichen Probleme, die sein restliches Leben prägten. Er starb auf Samoa. Stevenson schrieb einige Abenteuerromane, war allerdings in allen literarischen Genres unterwegs, weshalb es schwer ist, ihn klar einzuordnen.
Verschiedene Titel des Autors (Auswahl):
- Der Junker von Ballantrae
- St. Ives
Daten und Links zum Buch
- Titel: Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde
- Autor: Robert Louis Stevenson
- Originaltitel: The strange case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde
- Jahr: 1995
- Verlag: Büchergilde Gutenberg
- Seiten: 144
- Übersetzer: Alastair [Hans-Henning von Voigt]
- Illustrator: Seymour Chwast
- Gewicht: 680 g
- ISBN: 9783763244171
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Ich würde mich selber nicht im Entferntesten als jemand bezeichnen, der Ahnung von Kunst und Design hat. Und über Kunst kann man sicherlich genau so gut streiten wie über Romane. Und Seymour Chwast mag ein guter Künstler sein, aber das, was ich hier sehe, ist nicht weniger als eine absolute Frechheit. Nun kann man sagen, dass die Veröffentlichung schon eine Weile her ist, aber mir fällt immer wieder auf, dass bei der Büchergilde das eine oder andere Buch optisch ein richtiger Griff ins Klo ist. Umso ärgerlicher, wenn es einen so großartigen Schriftsteller wie Stevenson trifft.
Um die Büchergilde nicht ganz so schlecht dastehen zu lassen: Gerade lese ich Stark wie der Tod von Maupassant und das Buch ist wirklich schön illustriert.
Frechheit würde ich es zwar nicht nennen, aber für ein Meisterwerk halte auch ich es nicht – das sehen wir definitv ähnlich.
Und ja, die Büchergilde ist leider oft hit or miss was Illustrationen angeht. Kapitän Pamphile z.B. fand ich ebenfalls furchtbar. Frankenstein habe ich nicht gekauft, weil ich diese Zeichnungen nicht im Regal haben wollte.
Über Bord dagegen fand ich ordentlich gestaltet. Und keine Spoiler bitte zu Stark wie der Tod, das steht bei mir noch im Regal 😉
Mein Eindruck ist, dass man bei der Büchergilde oft die Illustratoren nach Namen einkauft und nicht nach der Eignung für das jeweilige Buch und das kann nun mal schief gehen. Da kann ich mich aber auch täuschen, so gut kenne ich mich in der Kunstszene nun mal nicht aus.
Aber das ist ja zu einem großen Teil auch Geschmackssache (außer vielleicht bei der Stevenson Ausgabe…). Die Frankenstein Ausgabe finde ich nach den Bildern auf der Seite gar nicht mal so schlecht, bei deinen anderen Beispielen kann ich dir nur zustimmen.
Keine Sorge, Spoiler sind schließlich so etwas wie eine Todsünde 😉 Nur soviel: Deine bisherigen Rezensionen zu Maupassant lassen mich vermuten, dass du von diesem Roman ebenso angetan sein wirst 🙂
Bei aller Geschmacksfrage, glaubei ich, wir können zumindest festhalten, dass es immer dann etwas wahrscheinlicher ist, den Geschmack des Publikums zu verfehlen, je abstrakter und „moderner“ die Illustrationen sind. Und ich persönlich gehöre definiv auch zu denen, die dann doch eher einen etwas klassischeren Stil bevorzugen.